Lagerabwertung

1. August 2019 14:50

Hallo liebe Community,

folgender Sachverhalt: Mein Chef kam zu mir und sagte: "Wir müssen unseren Lagerbestand abwerten nach folgenden Kriterien"
Lagerdauer = 25-36 Monate, Abwertung 10%
Lagerdauer = 37-48 Monate, Abwertung 20%
Lagerdauer = 49-60 Monate, Abwertung 30%
Lagerdauer = 61-72 Monate, Abwertung 50%
Lagerdauer > 73 Monate, Abwertung 75%

Ich habe mir mehrere Gedanken gemacht, wie das umgesetzt werden könnte.
1. Versuch: Ich wollte den Standard nutzen und das Neubewertungs Buch Blatt benutzen. Ist aber falsch, da dadurch der Einstandspreis abgewertet wird und dadurch der Deckungsbeitrag schöngerechnet wird.
2. Versuch: Ein zusätzliches Feld am Artikel schaffen "Lagerwert". Ist aber auch blöd, da statisch und auch neu eingelagerte Artikel im schlimmsten Fall schlechter bewertet werden.

Also bin ich zu dem Entschluss gekommen dass es nur "richtig" funktionieren kann, wenn man auf Artikelposten Ebene bewertet und habe mir eine SQL Prozedur erstellt, welche ich in Excel abrufe und dort dann die Abwertung vornehme (Keine Veränderung von Werten in NAV). Die Berechnung klappt soweit auch alles, nur stehe ich nun vor folgendem Problem, siehe Bild im Anhang. Ich hoffe, es wird deutlich.
ich kann doch nicht einen Artikel der am 25.01.2017 eingelagert wurde mit +101,70€ ausweisen und am 26.02.2018 mit -113€. Ich bräuchte ein Kennzeichen am Artikel, welcher Posten mit welchem ausgeglichen wurde damit nur positive Beträge übrig bleiben.
Hat jemand eine Idee?
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Re: Lagerabwertung

1. August 2019 15:05

Hallo,

1. Neubewertungsbuchblatt ist richtig, es kommt nur auf das Füllen des Buchblattes an. Da sich durch die Abwertung zwar der Ertrag bei Verkauf erhöht, du aber durch die Abwertung Verluste machst, kommt das am Ende auf +/- 0 raus.

2. keine Buchung in NAV ist nicht weit weg vom Betrug. Denn wenn du das mehrere Jahre machst, und den Einstandpreis nicht ins NAv zurückschreibst, bewertest du irgendwann mehr als 100% ab (in deinem Fall mehr als 60 Monate = 110%).
Da das in den Lagerwert der Bilanz eingeht, bzw. die Bank manchmal gerne auch die Altersstruktur und -Wert sieht, kommst du damit in Teufels Küche. (hatte gerade erst so einen Fall, wo der Banker den GF und den Steuerberater ins Achtung gestellt hat)

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 15:50

Hallo Fiddi,

vielen Dank für deine Antwort.
Also ist dein Ratschlag doch den Einstandspreis am Artikel neuzubewerten? Wie lösen das denn andere Unternehmen?
Ich würde nicht mehr als 110% abwerten, sondern immer neu berechnen. Also nach 60 Monaten 50% des Einstandspreises. Um mal bei dem rot markierten Beispiel zu bleiben 56,50€.
Ich wollte sozusagen eine "Liveansicht" des tatsächlichen Lagerwertes bauen.

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 16:00

Ich würde nicht mehr als 110% abwerten, sondern immer neu berechnen. Also nach 60 Monaten 50% des Einstandspreises. Um mal bei dem rot markierten Beispiel zu bleiben 56,50€.


Das du neu berechnen willst, verstehe ich schon, aber von was denn?
Beispiel sehr alter Artikel:
1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 10€
2. Abwertung: 100€ -20 % -> Abwertung = 20€
3. Abwertung: 100€ -30 % -> Abwertung = 30€
4. Abwertung: 100€ -50 % -> Abwertung = 50€
-------------------------------------------------------
Abwertung = 110€

Da du ja den Wert des Artikelpostens nicht durch das Neubewertungsbuchblatt abwerten willst, bleibt der Einstandsbetrag ja immer 100€ :wink:

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 16:39

ich gehe immer vom Einstandspreis des Artikels aus.
also wie folgt:


1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 10€

2. Abwertung:
1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 0€
2. Abwertung: 100€ -20 % -> Abwertung = 20€

3. Abwertung:
1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 0€
2. Abwertung: 100€ -20 % -> Abwertung = 0€
3. Abwertung: 100€ -30 % -> Abwertung = 30€

4. Abwertung:
1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 0€
2. Abwertung: 100€ -20 % -> Abwertung = 0€
3. Abwertung: 100€ -30 % -> Abwertung = 0€
4. Abwertung: 100€ -50 % -> Abwertung = 50€

Da ich ja die vorangegangenen Abwertungsbeträge nicht berücksichtige oder zurückschreibe, addieren sich die Abwertungsbeträge ja nicht. Der Basiswert bleibt immer der aktuelle Einstandspreis aus dem System.
Über das Neubewertungsbuchblatt wäre es ja wie folgt:
1. Abwertung: 100€ -10 % -> Abwertung = 10€
2. Abwertung: 90€ -20 % -> Abwertung = 18€
3. Abwertung: 72€ -30 % -> Abwertung = 21,60€
4. Abwertung: 50,4€ -50 % -> Abwertung = 25,2€

Und ich müsste Posten für Posten ausgleichen... bei 20.000€ Artikeln ist das unmöglich.

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 16:48

Hallo,

was machen deine Abwertungen in Summe aus?

Korrekt wäre die Abwertung wie im Neubewertungsbuchblatt.

Und ich müsste Posten für Posten ausgleichen... bei 20.000€ Artikeln ist das unmöglich.


Mit einem angepassten Bericht für die Berechnung des Neubewertungsbuchblatts ist das kein großes Problem. da funktioniert das auch mit einem Artikelstamm von >400000 Artikelsn.

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 17:17

Ich als Buchhalter finde es immer merkwürdig wenn jemand Buchhaltungs-relevante Daten nicht in der ERP-Software verwalten will. Selbstverständlich gehört die Neubewertung in NAV gebucht. Genau dafür hab ich doch ein integriertes System (und nicht nur eine reine Buchhaltungssoftware). Sowas nebenher zu machen und nur im Hauptbuch zu buchen erhöht nicht die Übersichtlichkeit der Buchhaltung. (Vermutlich ist genau das auch oft Absicht.)

Re: Lagerabwertung

1. August 2019 17:26

Ist denn auch geklärt, ob die Artikel die steuerrechtlichen Bedingungen für eine solche Abwertung (Teilwertabschreibung) erfüllen?
Das bedingt sonst ggf. große Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz.
https://www.gevestor.de/details/teilwer ... 52212.html
Steuerrechtlich ist die Teilwertabschreibung auf das Umlaufvermögen hingegen nur dann zulässig, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der Güter zu erwarten ist, die beispielsweise durch Beschädigung oder auch neue Technologien eintreten kann.

Re: Lagerabwertung

2. August 2019 11:34

Hi,

bei uns läuft die Lagerabwertung nur im Sachkontobereich, die Artikelwerte werden nicht angefasst. Die Artikel sind in verschiedenen Gruppen mit verschiedenen Abwertungszeiträumen und -prozenten eingeteilt. Die Abwertung selber ist ein Bericht, der als Excel-Datei ausgegeben wird. Die Summen nach Artikelgruppe werden nach der Inventurbuchung gegen den (Brutto)-Inventurbestand gebucht. Es wird also jedes Jahr komplett neu berechnet.

Eine Abwertung um 100% könnte (je nach Branche) zu Problemen mit der BP führen. Bei uns wurde wegen 99% gemosert. Mit 95% war der Prüfer dann einverstanden.

Cheers,
André

Re: Lagerabwertung

2. August 2019 11:37

enh hat geschrieben: Sowas nebenher zu machen und nur im Hauptbuch zu buchen erhöht nicht die Übersichtlichkeit der Buchhaltung. (Vermutlich ist genau das auch oft Absicht.)


Eventuell möchte man aber auch nur die Brutto-Werte beim Artikel behalten. Da sehe ich nichts unübersichtliches dabei. Wenn die Abwertung sauber dokumentiert ist.

Cheers,
André

Re: Lagerabwertung

2. August 2019 11:44

bei uns läuft die Lagerabwertung nur im Sachkontobereich, die Artikelwerte werden nicht angefasst.


Von was berechnest du denn die Abwertung?

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 15:51

fiddi hat geschrieben:
bei uns läuft die Lagerabwertung nur im Sachkontobereich, die Artikelwerte werden nicht angefasst.


Von was berechnest du denn die Abwertung?

Gruß Fiddi


Das nicht angefasst bezog sich natürlich darauf, dass bei uns keine Artikelwerte direkt angepasst bzw. abgewertet werden. Sorry, falls das mißverständlich war.
Die Abwertung wird jedes Jahr neu vom Bruttowert-Lagerwert des einzelnen Artikels berechnet.

Cheers,
André

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 16:47

Das nicht angefasst bezog sich natürlich darauf, dass bei uns keine Artikelwerte direkt angepasst bzw. abgewertet werden. Sorry, falls das mißverständlich war.

Genau das ist das Problem:

Stell dir mal vor du hast nur einen Artikel, sagen wir mal eine Jacke,die du für 100 eingekauft hast, die aber schon länger bei dir im Lager hängt und sich nicht verkauft. Hier möchten wir die Lagerwertentwicklung betrachten. (diese oft pauschale Abwertung in der Buchhaltung ist nicht korrekt)

Dein Ausgangslagerwert ist also 100

Wenn du keine Abwertung im Artikelstamm buchst, berechnest du ja jedes Jahr die Abwertung vom ursprünglichen EK, da sich der Lagerwert lt. Artikelposten ja nicht ändert. D.h.:

1. Abwertung 100 -10% = 10

Da du ja keine Abwertung im Artikelstamm gebucht hast, ist dein Lagerwert bei der nächsten Berechnung immer noch 100

2. Abwertung 100 -20% =20

Im 3. Jahr hat sich am Ausgangswert immer noch nichts geändert:

3. Abwertung 100 -30%= 30

Im 4, Jahr das gleiche

4. Abwertung 100 -50% = 50

und spätestens jetzt hast du mit 110 (10+20+30+50) insgesamt (über alles) mehr als 100 abgeschrieben.

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 17:17

fiddi hat geschrieben:und spätestens jetzt hast du mit 110 (10+20+30+50) insgesamt (über alles) mehr als 100 abgeschrieben.

So läuft das nicht.
1. Jahr Artikel 100 EUR -> für die Bilanz 10% pauschal abgewertet : 90 EUR
2. Jahr Artikel immer noch da ? weiterhin 100 EUR -> für die Bilanz wieder 10% pauschal abgewertet : wieder mit 90 EUR bewerten
3. Jahr Artikel immer noch da ? weiterhin 100 EUR -> für die Bilanz wieder 10% pauschal abgewertet : wieder mit 90 EUR bewerten
usw.
So machen das nach Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer viele Betriebe. Im Artikelstamm wird da nichts verbucht.

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 17:33

Soweit mich mich erinnere bucht der Steuerbearter gerne eine pauschale Abwertung auf das Lagerkonto. Die Frage ist aber von was? und wenn das immer der gleiche Ausgangswert ist, dann werte ich irgendwann mehr als 100% ab.

Das die Wirtschaftsprüfer das so machen, mag ja sein, die bekommen dann aber auch mal vom Banker eins auf den Deckel.

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 19:16

fiddi: Wenn man das nur im Hauptbuch bucht dann storniert man die Vorjahresabwertung bevor man die aktuelle bucht. Also buche ich zum 31.12.2018 meine Abwertung und storniere die am 01.01.2019 wieder. Zum 31.12.2019 buche ich dann wieder die neue Abwertung. Also keine doppelte Abwertung und damit auch keine Gefahr über 100 % zu buchen.

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 19:27

Hallo,
das kann man natürlich tun. Und das muss man dann auch so tun.

Wenn man das dann nicht wieder storniert, und die Lagerbuchung aktiviert ist, dann nimmt das Lagerkonto u.U. merkwürdige Inhalte an. Und ob der Prüfer den Storno bei der Fibu- Prüfung gut findet, weiß man auch nicht.

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

5. August 2019 19:34

...deshalb würde ich es ja auch nicht so machen sondern die Bewertung korrekt im Nebenbuch buchen.

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 09:02

fiddi hat geschrieben: Die Frage ist aber von was?

Beim Umlaufvermögen ist das strenge Niederstwertprinzip anzuwenden, jedes Jahr aufs Neue.
https://www.modu-learn.de/verstehen/rec ... rtprinzip/
https://dejure.org/gesetze/HGB/253.html

Wie ein Kreditinstitut bei einer Kreditanfrage das Lager bewerten würde, muss sich damit nicht zwangsläufig decken. Wenn man das ganze Lager voll mit Artikeln aus Produktlinien hat, die sich eher schlecht als recht verkaufen, nützen einem solche Berechnungen nicht viel, selbst wenn man nominell alles richtig ermittelt hat.

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 09:40

Bin ich jetzt total bescheuert! ???

Nehmen wir mal das Beispiel von oben.

Du hast nur einen Artikel, den du für 100 € eingekauft hast, du hast die automatische Lagerbuchung aktiviert.
Dein Lagerwert in der Buchhaltung sollte jetzt 100€ sein. Bitte korrigiere mich wenn ich falsch liege.

Jetzt buchst du eine Abschreibung von 10€ nur in der Buchhaltung.
Dein Lagerwert sollte dort jetzt 90€ sein. Korrekt?

jetzt verkaufst du diesen Artikel, der ja laut Wertposten noch 100€ Wert hat, mit automatischer Lagerbuchung.
Welchen Lagerwert habe ich jetzt?

Oder buchst du die Abwertungen auf einem separaten Konto? Was aber nichts an der Tatsache ändert, das der Wert in Summe nachher negativ ist.

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 11:02

fiddi hat geschrieben: du hast die automatische Lagerbuchung aktiviert.

Mit automatischer Lagerbuchung sollte man das nicht kombinieren, davon war in diesem Thema bislang auch nicht die Rede. Im Startbeitrag ging es ja darum, die Abwertungen außerhalb vom Artikelstamm zu verwalten.

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 13:47

fiddi hat geschrieben:...
und spätestens jetzt hast du mit 110 (10+20+30+50) insgesamt (über alles) mehr als 100 abgeschrieben.
...


Nein, dass stimmt nicht, da ich ja jedes Jahr NEU vom Bruttobetrag berechne.

enh hat geschrieben:fiddi: Wenn man das nur im Hauptbuch bucht dann storniert man die Vorjahresabwertung bevor man die aktuelle bucht. Also buche ich zum 31.12.2018 meine Abwertung und storniere die am 01.01.2019 wieder. Zum 31.12.2019 buche ich dann wieder die neue Abwertung. Also keine doppelte Abwertung und damit auch keine Gefahr über 100 % zu buchen.
.

Exakt das ist die Wirkung.

Keine automatische Lagerbuchung, keine Neubewertung des Artikels, sondern nur Kalkulation der Abwertungssätze je Artikel per Excel (die Tabelle ist etwas größer und aufwendiger) und dannn Inventurkorrektur in der Sachbuchhaltung.

Cheers,
André

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 14:16

Keine automatische Lagerbuchung, keine Neubewertung des Artikels, sondern nur Kalkulation der Abwertungssätze je Artikel per Excel (die Tabelle ist etwas größer und aufwendiger) und dannn Inventurkorrektur in der Sachbuchhaltung.


Das habe ich mir schon gedacht.

Wenn du jetzt einen deiner abgewerteten Artikel verkaufst, was buchst du dann aus dem Lager ab, und woher weißt du das musst?

Gruß Fiddi

Re: Lagerabwertung

7. August 2019 15:50

Ohne automatische Lagerbuchung bebucht man erst nach der Inventur das Lagerkonto (Bestandsveränderung x Bewertungspreis).
Der Link zum Video hier, wo die Unterschiede der beiden Verfahren erklärt werden, funktioniert nach 9 Jahren immer noch :wink: .